Page 8 - Alsterrundschau November 2020
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Seite 8                                       KULTURELLES                                             Alster Rundschau

                                      Fotografien, Projektionen, Installationen, 2020 - 1966
                 Haus der Photographie – Katharina Sieverding


          Die Deichtorhallen Hamburg zeigen ab 7. No-                                  nierinnen, die früh die vielfältigen Ausdrucks-
        vember 2020 auf vier Stockwerken der Sammlung                                  möglichkeiten von Fotografie erkannt haben und
        Falckenberg die bisher größte Einzelausstellung                                das Medium fortwährend inhaltlich und formal
        der Künstlerin Katharina Sieverding. Rund 120                                  erweitern. Im Mittelpunkt ihrer Arbeiten stehen
        Arbeiten spannen einen Bogen durch alle Werk-                                  Transformations- und Präsentationsvorgänge,
        phasen der Künstlerin: von den frühen großfor-                                 Fragen nach Identität, Gender und Race. Bekannt
        matigen Fotografie-Montagen der 1960er-Jahre                                   geworden ist Sieverding durch die Konsequenz,
        über die bildgewaltigen Selbstporträt-Serien und                               mit der sie filmisch und fotografisch ihr zum Teil
        filmischen Werke der 1970er- bis 1990er-Jahre                                  extrem vergrößertes und auf vielfältige Weise
        bis hin zu gegenwärtigen Produktionen. Diese                                   manipuliertes Porträt seit den 1960er-Jahren ein-
        umfassen auch neue, bisher ungezeigte Arbeiten                                 setzt. Ab den 1970er-Jahren erarbeitet sie groß-
        wie den dokumentarischen Film Metroboards                                      formatige Montagen zu den gesellschaftlichen
        über Sieverdings Kunst im öffentlichen Raum                                    Fragen der Zeit, sei es zur atomaren Bedrohung
        sowie das Werk Gefechtspause, das sich mit dem                                 durch den Kalten Krieg, zur RAF, zu weltpoliti-
        Lockdown während der Corona-Krise beschäf-                                     schen Krisen und zwischenmenschlichen Bezie-
        tigt. Die Ausstellung FOTOGRAFIEN, PRO-                                        hungen, zur Verarbeitung des Nationalsozialis-
        JEKTIONEN, INSTALLATIONEN legt einen                                           mus und zur  aktuellen  Corona-Krise.  Dabei
        besonderen Fokus auf die ungebrochen hohe                                      hinterfragt sie die beschleunigten Bildprozesse
        Aktualität früherer Werke und das Interesse der                                der Gegenwart kritisch im Sinne einer Verant-
        Künstlerin installative Zugänge zum Medium                                     wortung auch sich selbst gegenüber.
        Fotografie zu schaffen.
          Seit mehr als fünf Jahrzehnten gehört Katha-                                   Sammlung Falckenberg, bis 4. April 2021 in
        rina Sieverding (geb. 1944 in Prag) zu den Pio-                                den Deichtorhallen Hamburg.

                                           Kunsthalle Hamburg  bis 24. Januar 2021
                            Max Beckmann – weiblich-männlich


          Max Beckmann. weiblich-männlich untersucht   drucksvolle Breite des Themas und ermöglicht ein   – ergänzen den umfangreichen Beckmann-Bestand
        erstmals die zahlreichen, oft widersprüchlichen Rol-  tieferes Verständnis von Beckmanns facettenreicher  der Hamburger Kunsthalle.
        len von Weiblichkeit und Männlichkeit in den Wer-  Kunst. Wichtige Leihgaben aus öffentlichen und   Die Ausstellung befragt Beckmanns Bilder
        ken von Max Beckmann (1884–1950), einem großen   privaten Sammlungen im In- und Ausland – darunter   sowohl auf ihre historische Bedeutung als auf ih-
        Künstler der Moderne und kraftvollen Interpreten   der Nachlass Beckmann, das Städel Museum, Frank-  re Aktualität für unsere Zeit. Seine prägnanten
        seiner Zeit. Mit rund 140 Gemälden, Plastiken und   furt am Main, das Saint Louis Art Museum, Missou-  Selbstdarstellungen, seine Doppelbildnisse mit
        Arbeiten auf Papier zeigt die Ausstellung die ein-  ri / USA und das Stedelijk Museum in Amsterdam   den Ehefrauen, die repräsentativen Porträts seiner
                                                                                       Förderer und Mäzeninnen sowie mythologische
                                                                                       und biblische Figurenbilder machen Grundkon-
                                                                                       stanten menschlichen Zusammenseins eindrucks-
                                                                                       voll erfahrbar: Sie zeigen Begehren, Hingabe und
                                                                                       Widerstreit, Macht und Ohnmacht, Freiheitsdrang
                                                                                       und Verschmelzung.
                                                                                         Beckmann schrieb Geschlechterrollen fest und
                                                                                       öffnete sie zugleich, er fand Zartheit in Frauen- und
                                                                                       in Männerfiguren, Schlagkraft in der Heldin wie
                                                                                       im Helden.
                                                                                         Fasziniert von den Mythen verschiedenster
                                                                                       Kulturen, kannte er die uralte Vorstellung, dass
                                                                                       Frau und Mann aus einem einzigen, androgynen
                                                                                       Geschlecht hervorgingen, nach dessen Einheit man
                                                                                       sich auf ewig zurücksehnt. Darüber hinaus las und
                                                                                       kommentierte er zeitgenössische, bis heute disku-
                                                                                       tierte Schriften von Carl Gustav Jung und Otto
                                                                                       Weininger, die Individualität als Verbindung von
                                                                                       weiblichen und männlichen Anteilen erklärten.
                                                                                       Von sich selbst zeichnete Beckmann gern das Bild
                                                                                       eines mannhaft entschlossenen Weltendeuters, das
                                                                                       bis heute die Wahrnehmung seines Werks domi-
                                                                                       niert und sich einem offeneren Verständnis seiner
                                                                                       vielschichtigen Kunst entgegenstellt.
                                                                                         Ich glaube, dass ich alles erreichen werde, was
                                                                                       ich will, alles. Nur weiß ich nicht bestimmt, ob ich
                                                                                       mich immer darüber freuen werde.“ — Max Beck-
                                                                                       mann
                                                                                         www.hamburger-kunsthalle.de
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