Page 21 - Alsterrundschau Oktober 2017
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Alster Rundschau Reformationstag Seite 21
500 Jahre Reformation
Martin Luther war es nicht allein
gesetz. Die Reformation trennte Kirche und Staat.
Die bildhafte Bibelübersetzung belebte die deutsche
Sprache und führte Dialekte und Regionalsprachen
zusammen. Zwar wollte Luther die Kirche nicht
spalten, doch verhindern konnte er es nicht. Auch
die katholische Kirche geriet in Reformationsdruck,
verlor an Macht, wurde »volkstümlicher«. Die Ge-
sellschaft wandelte sich. Luther hatte den Anstoß
gegeben – »Ich kann nicht anders. Gott helfe mir.«
Im Jubiläumsjahr der Reformation hat sich die
Zahl der »Luther-Bücher« noch einmal kräftig
erhöht. Von wissenschaftlichen Werken über his-
torische Romane bis zu bunten Comics reicht das
Spektrum – eines haben wir herausgegriffen, ein
»Anschauungsbuch« im großen Querformat:
»Menschen um Martin Luther«.
Der Titel verrät: Es geht nicht allein um Luther.
In diesem Buch eröffnet sich eine unruhige Zeit
mit ihren philosophischen und herrschenden Per-
sönlichkeiten. Der zeitkritische Hamburger Künst-
ler Werner Fritz Zgianiacz hat sie mit karikieren-
dem Strich und in kräftigen Farben porträtiert.
Eine uns dunkel erscheinende Zeit leuchtet plötz-
lich auf. Der Theologe Andreas Pawlas versah die
Die erweiterte Neuauflage von »Menschen um Martin Luther« enthält auch historische Darstellungen aus Porträts mit biografischen Anmerkungen und
dem 19. Jahrhundert
fügte als Gemeindepfarrer seine Predigt zum Re-
Der 31. Oktober ist Reformationstag. 2017 irdischer Autorität. Statt Reliquien und Heilige an- formationstag 2010 in Barmstedt hinzu, die in
einmalig gesamtdeutsch, weil es 500 Jahre her ist, zubeten, stellte er Jesus Christus in den Mittelpunkt Bezug zum Bilderzyklus steht.
dass Martin Luther seine 95 Thesen an die Tür der und die Bibel in ihrer reinen Form als unverfälsch- »Dieses Buch fesselt, weil es verfremdet«, stellt
Schlosskirche zu Wittenberg nagelte. Ob es genau te Lehre, die keiner Auslegung bedurfte. Bischof Hans Christian Knuth in seinem Geleitwort
so war, bleibt unbewiesen. Doch traf der Pfarrer Luther war nicht allein mit der Forderung nach fest. Wie vielfältig die Reformation in familiäre,
mit seiner Kritik offenbar 95-mal den Nagel auf christlicher Neubesinnung. Auch Fürsten und philosophische, kirchlichen und politische Interes-
den Kopf – und diese bildhafte Vorstellung passt Reichsstädte fühlten sich von Papst und Kaiser zu sen verflochten war – »all das kommt in diesem
zur volkstümlichen Sprache, in die er die Bibel sehr gegängelt. Andere profitierten von diesem Buch deutlich zum Ausdruck, auf sehr kurze und
übersetzte. System und wünschten sich den Kirchenrebell aus prägnante Art, aber das ist eher ein Vorzug«. Die
Martin Luther kritisierte im Heiligen Römischen Wittenberg an den Galgen. Rom entschied sich Verfremdung des Bekannten verwandle sich zu
Reich Deutscher Nation den ausufernden Prunk des für den Bann, stellte Luther vogelfrei. Sollte ihn neuem Sehen.
Klerus und die Art und Weise, wie sich die Priester- doch das Volk beseitigen. Die Freunde waren stär- In der erweiterten 2. Auflage von »Menschen
schaft das Geld für ihr Wohlleben beschaffte. Sie ker. Sie nahmen ihn auf der Wartburg in »Schutz- um Martin Luther« (Kadera-Verlag, ISBN 978-3-
interpretierte die lateinische Bibel nach ihrem Gus- haft«. Dort hatte er Zeit, sich einen Vollbart wach- 944459-91-2 / 44,00 Euro) wird der Eindruck des
to und boten dem Volk per Ablass Gnade vor dem sen zu lassen und die Bibel zu übersetzen, um sie neuen Sehens kontrastreich dargestellt – durch alte
Fegefeuer. Dies sei allein Gottes Sache, befand allen verständlich zu machen. Stiche und Textpassagen der »Illustrirten Zeitung«
Luther. Den Menschen empfahl er ein gottgefälliges Diese Tat wirkt bis heute, ist doch die biblische zu Luthers 400. Geburtstag 1883. Auf www.kade-
Leben nach eigenem Gewissen unabhängig von Lehre manifestiert durch Verfassung und Grund- ra.de bietet der Verlag einen Blick ins Buch an.
Johannes Bugenhagen traute Luther mit Katharina von Bora, übertrug Luthers Bibelübersetzung ins Niederdeutsche und organisierte die Durchsetzung der Reformation.
Philipp Melanchthon war Philosoph und Lehrer aus Leidenschaft, nach Luthers Tod fällt ihm die Führungsrolle im Protestantismus zu. Martin Luther wie Lucas Cranach
ihn nach der Rückkehr von der Wartburg porträtierte. Johannes Eck war Luthers Hauptgegner und veröffentlichte die päpstliche Bannandrohung »Exsurge Domini«. Papst
Hadrian IV versuchte, durch Einschränkung luxuriöser päpstlicher Hofhaltung und Reduzierung von Ablässen und Pfründen die Reformation aufzuhalten. Es gelang ihm
nicht.