25 Jan., 2024 | Allgemein, Kultur

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Exzellenzclusters „Understanding Written Artefacts“ der Universität Hamburg und des Deutschen Elektronen-Synchrotrons haben einen weltweit einmaligen mobilen Computertomographen entwickelt. Mit seiner Hilfe können sie erstmals 4.000 Jahre alte versiegelte Keilschrifttafeln aus Mesopotamien lesen. Vom 1. bis 9. Februar wird das Gerät im Louvre eingesetzt.
Keilschrifttafeln aus dem antiken Mesopotamien in Vorderasien sind die ältesten Schriftartefakte der Welt. Um die darauf festgehaltenen Informationen vor unbefugten Blicken zu schützen, begann man im 3. Jahrtausend v. Chr., diese Tafeln in Umschläge aus Ton zu stecken. Einige davon wurden nie geöffnet, zum Beispiel, wenn ein Schreiben sein Ziel nicht erreichte – mit der Folge, dass heute rund um den Globus versiegelte Keilschrifttafeln mit unbekanntem Inhalt in Museen und Archiven lagern.
Nun haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Exzellenzclusters „Understanding Written Artefacts“ (UWA) der Universität Hamburg und des Deutschen Elektronen-Synchrotrons (DESY) den ersten mobilen Computertomographen der Welt entwickelt, mit dem die versiegelten Tafeln gelesen werden können. ENCI („Extracting non-destructively cuneiform inscriptions“) erschließt damit für die Altertumsforschung eine Fülle bisher unzugänglicher Quellen.
„Forschende, die sich wie ich mit der Geschichte Mesopotamiens beschäftigen, hat es immer frustriert, dass es so viele Keilschrifttafeln gibt, die sich über Jahrtausende erhalten haben und die wir trotzdem nicht lesen können“, sagt Prof. Dr. Cécile Michel, eine der Leiterinnen des Projekts. Die Assyriologin ist Professorin am Centre national de la recherche scientifique in Paris und Mitglied des Exzellenzclusters UWA. „Durch persönliche Briefe gewinnen wir neue Einblicke in den Alltag und die Lebensumstände der Menschen damals. Bei Verträgen wurden die wichtigsten Inhalte oft außen auf dem Umschlag zusammengefasst, sodass wir bereits etwas über die Texte im Inneren wissen. Doch auch hier stellen sich noch viele Fragen: Welche Informationen wurden auf den Umschlag übertragen, welche ausgelassen? Wo weicht der äußere vom inneren Text ab und weshalb?“
Mithilfe von Röntgenstrahlung bildet ENCI die Keilschrifttafel und ihren Umschlag in vielen einzelnen Schichten ab. Am Computer zeigt sich der leere Raum zwischen der Schrifttafel und dem Umschlag auf jedem Einzelbild. Werden die Bilder zusammengesetzt, wird die Oberfläche der Keilschrifttafel im Inneren des Umschlags sichtbar – mitsamt der Schriftzeichen darauf.
„Tomographen mit der benötigten Strahlungsintensität sind normalerweise mehrere Tonnen schwer“, erklärt Prof. Dr. Christian Schroer, Arbeitsgruppenleiter am Institut für Nanostruktur- und Festkörperphysik an der Universität Hamburg, der ENCI federführend entwickelt hat. „Für uns war aber entscheidend, dass unser Gerät mobil ist, weil kaum ein Museum seine Sammlung auf Reisen schickt. ENCI wiegt nur etwas über 400 Kilogramm. Die größte Herausforderung bestand darin, diese Leichtbauweise mit dem erforderlichen Strahlenschutz zu verbinden.“
Seinen ersten Einsatz hat ENCI im größten Museum der Welt
Vom 1. bis 9. Februar 2024 untersuchen UWA- und DESY-Wissenschaftlerinnen und -Wissenschaftler damit Keilschrifttafeln aus dem Louvre in Paris. Mit rund 12.000 Tafeln verfügt das Museum über eine der wichtigsten Sammlungen von Keilschrifttafeln weltweit. Die Untersuchungen werden zunächst an zwölf ausgewählten Tafeln durchgeführt. Die meisten von ihnen stammen aus der antiken Stadt Ur im heutigen Irak.
„ENCI illustriert im besonderen Maße, wie die interdisziplinäre Forschung des Exzellenzclusters ‚Understanding Written Artefacts‘ ganz neue Perspektiven auf das schriftliche Kulturerbe eröffnet. Wer hätte gedacht, dass die Zusammenarbeit zwischen Assyriologie und Röntgenphysik eine solche Dynamik entwickeln wird?“, sagt Prof. Dr. Konrad Hirschler, Sprecher des Exzellenzclusters UWA. Dort entwickeln seit 2019 rund 150 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus 40 Disziplinen eine globale Perspektive auf Schriftartefakte aus allen Kulturen und Epochen, von der antiken Inschrift bis zum heutigen Notizbuch.
Mehr über die verborgenen Keilschriften erfahren Sie im Imagefilm des Exzellenzclusters „Understanding Written Artefacts“.
Eine Animation zeigt die verborgene Keilschrift im Inneren ihres Tonumschlags.
Quelle: Universität Hamburg
Foto: UHH/K.Helmholz
24 Jan., 2024 | Allgemein, Kultur

Die Ausstellung läuft noch bis zum 1. April 2024
Die Ausstellung CASPAR DAVID FRIEDRICH. Kunst für eine neue Zeit hat bereits nach rund fünfeinhalb Wochen die 100.000 Besucher*innenmarke erreicht. Über 185.000 Tickets wurden bisher verkauft.
Die Jubiläumsausstellung zum 250. Geburtstag von Caspar David Friedrich (1774 Greifswald–1840 Dresden), die seit dem 15. Dezember 2023 in der Hamburger Kunsthalle zu sehen ist, präsentiert die umfangreichste Werkschau des bedeutendsten romantischen Malers seit vielen Jahren. Die thematisch ausgerichtete Retrospektive mit über 60 Gemälden und rund 100 Zeichnungen zeigt unter anderem äußerst seltene und hochkarätige Friedrich-Leihgaben. Ergänzend werden rund 20 ausgewählte Arbeiten von Künstlerfreunden wie Carl Gustav Carus, Johan Christian Dahl, August Heinrich und Georg Friedrich Kersting präsentiert. Ein zweiter eigenständiger Teil der Ausstellung nimmt mit Werken von 20 Künstlern und Künstlerinnen aus dem In- und Ausland die Romantik, ihr Naturverständnis und die Kunst Friedrichs in den Blick. Zu sehen sind Werke von Ann Böttcher, Elina Brotherus, Julian Charrière, David Claerbout, Mari Eastman, Olafur Eliasson, Jonas Fischer, Alex Grein, Swaantje Güntzel, Jochen Hein, Nina K. Jurk, Johanna Karlsson, Hiroyuki Masuyama, Lyoudmila Milanova, Andreas Mühe, Mariele Neudecker, Ulrike Rosenbach, Susan Schuppli, Santeri Tuori und Kehinde Wiley.
Aufgrund der großen Nachfrage wird empfohlen, Zeitfenstertickets vorab über die Website der Hamburger Kunsthalle online zu buchen. Zudem ist es ratsam, die Ausstellung unter der Woche zu besuchen, da die Wochenenden sehr stark nachgefragt sind. Der Einlass ist während des gesamten Zeitfensters möglich. Die Aufenthaltsdauer ist nicht begrenzt.
Öffnungszeiten:
Dienstag bis Sonntag 10–19 Uhr
Donnerstag 10–21 Uhr
Montag geschlossen
Foto:
Hamburger Kunsthalle, 15. Dezember 2023 bis 1. April 2024, vor dem Werk Kreidefelsen auf Rügen, 1818, von Caspar David Friedrich
© Kunst Museum Winterthur
Foto: © Hamburger Kunsthalle
10 Jan., 2024 | Allgemein, Kultur
Zur finalen Vorbereitung seiner umfassenden baulichen und inhaltlichen Modernisierung hat das Museum für Hamburgische Geschichte seit dem 8. Januar 2024 seinen Besucherbetrieb temporär eingestellt. Am Aktionswoch
enende des 6./7. Januars haben sich fast 7.500 Besucherinnen und Besucher vom Museum und seinen Ausstellungen verabschiedet und im Rahmen von Führungen und Gesprächen einen Blick hinter die Kulissen des Museums werfen können. Ein Programmpunkt des Wochenendes beinhaltete Führungen zu einem besonderen Aspekt des vom Hamburger Architekten Fritz Schumacher von 1913 bis 1922 errichteten Museumsgebäudes – den sogenannten Spolien. Dabei handelt es sich um zahlreiche in der Außenfassade des Museums für Hamburgische Geschichte und im direkten Umfeld des Hauses befindliche architektonische Spuren von historischen Gebäuden, die in der ursprünglichen Sammlung des Museums als Erinnerung an nicht mehr erhaltene Baudenkmäler aufbewahrt wurden. Viele dieser Spolien wurden aus den Ruinen des Großen Hamburger Brands von 1842 geborgen.
Doch zu welchen Gebäuden gehörten die Portale und Figuren, welche Bedeutung hatten sie einst und was erzählen sie uns heute noch? Dazu hat das Museum unter dem Titel „Auf der Spur der verschwundenen Stadt. Eine digitale Reise durch Raum und Zeit“ eine App mit 3D- und Augmented Reality-Technologie entwickelt, in der die historischen Objekte digital mit ihren ursprünglichen Bauwerken zusammenführt und erlebbar werden. Auf diese Weise können die historischen Baufragmente, zu denen u. a. auch die Kaiserfiguren des früheren Hamburger Rathauses gehören, nun erstmals in ihrem früheren Kontext erfahren werden – und das ohne das Museum betreten zu müssen. In einer Entdeckungstour bietet die App virtuelle 3D-Modelle der historischen Bauteile, bei einem Spaziergang können die Nutzerinnen und Nutzer mit einem digitalen Stadtplan auf Spurensuche zu 40 Orten zerstörter Gebäude gehen, zu denen die Portale, Ornamente und Steinfiguren einst gehörten und last but not least beinhaltet die App eine Schatzsuche, bei der sich die Nutzerinnen und Nutzer auf eine mysteriöse Reise durch die Geschichte Hamburgs begeben können, um anhand der historischen Fragmente ein Rätsel zu lösen.
Die App wurde im Rahmen des Verbundprojektes „museum4punkt0“ realisiert und gefördert, das Kultureinrichtungen deutschlandweit auf dem Weg in die Digitalität vernetzt und unterstützt.
Die App mit dem Namen „MHG-Spolien“ ist ab sofort auf allen bekannten digitalen Vertriebsplattformen kostenlos erhältlich. Weitere Informationen rund um die App und ihre Inhalte finden sich unter: https://www.shmh.de/museum-4punkt0/
Foto: MHG
8 Dez., 2023 | Kultur, Veranstaltungen
Noch bis zum 7. Januar 2024 zeigt das Museum für Hamburgische Geschichte die Sonderausstellung „Hamburg 1923. Die bedrohte Stadt“, die sich mit den Ereignissen rund um den „Hamburger Aufstand“ im Oktober 1923 auseinandersetzt.
Die Ausstellung nimmt die historischen Ereignisse zum Anlass, um die politische und wirtschaftliche Lage sowie den sozialen Alltag im Hamburg des Krisenjahres 1923 darzustellen und spürt den Fragen nach, welche Ursachen und Ziele der „Hamburger Aufstand“ hatte, wie er verlief und wer die damaligen Protagonisten waren. Zudem betrachtet sie die Auswirkungen des Aufstands auf die Entwicklung der parlamentarischen Demokratie in Hamburg und nimmt die langfristige Wirkung dieser Ereignisse auf die Erinnerungskultur bis in das 21. Jahrhundert hinein in den Fokus.
Begleitend zur Ausstellung präsentiert das Axensprung Theater, das für seine Produktionen jüngst von Verteidigungsminister Boris Pistorius mit dem Preis „Bundeswehr und Gesellschaft“ ausgezeichnet wurde, an den Abenden des Wochenendes vom 9. und 10. Dezember den ersten Teil seiner Weimar-Trilogie.
Das Schauspiel mit dem Titel „Gier. Weimar – die erhitze Republik“ erzählt anhand der Schicksale von fünf Personen in den Anfangsjahren der Weimarer Republik vom Leben in widersprüchlichen Zeiten und von der Zerbrechlichkeit der Freiheit in einer fragilen Demokratie.
Die Produktion, in der intensives Schauspiel von musikalischen Einlagen und beeindruckenden Bildcollagen begleitet wird, macht die erste deutsche parlamentarische Demokratie mit ihren Irrungen und Wirrungen nacherlebbar und lässt das Publikum hautnah nachfühlen, wovon Menschen in Zeiten rasender Veränderung träumen und hoffen.
In den sich verwebenden Handlungssträngen der Protagonisten des Stücks treten real-historische Personen wie Walter Rathenau, Gustav Stresemann, Erich Ludendorff, Matthias Erzberger und Fritz Schumacher auf.
Museum für Hamburgische Geschichte
Holstenwall 24
20355 Hamburg
Foto: Alexandra Calvert