Page 14 - Alsterrundschau November 2023
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Seite 14 ausstellungen Alster Rundschau
Ausstellung bis 28. Januar 2024 im Horst-Janssen-Museum Oldenburg
Love is a Battlefield – wie erotisch ist die Kunst von Horst Janssen?
„Love is a Battlefield“ ist nicht nur ein be-
kannter Songtitel, sondern auch der Name einer
Ausstellung, die das Horst-Janssen-Museum
Oldenburg noch bis zum 28. Januar 2024 zeigt.
Das Museum stellt damit seinen Besucherinnen
und Besuchern die Frage: Wie erotisch ist die
Kunst von Horst Janssen? „Die erotische Kunst
von Horst Janssen erscheint in den unterschied-
lichsten Spielarten und bewegt sich zwischen
extremen Polen“, sagt Museumsleiterin Dr.
Jutta Moster-Hoos, „vom zärtlichen Liebesspiel
über fantastische Szenen bis zur pervertierten
Begegnung lassen sich seine Werke lesen. Wie
blicken wir, in den zwanziger Jahren des 21.
Jahrhunderts, auf sie?“
Macht und Ohnmacht
Für diese Ausstellung haben die Kuratorinnen
Dr. Sabine Siebel und Dr. Jutta Moster-Hoos Zeich-
Werke des 19. Jahrhunderts aus
zwei Hamburger Privatsammlungen
FIGUR UND LANDSCHAFT
Mit der Ausstellung FIGUR UND LAND-
SCHAFT präsentiert die Hamburger Kunst-
halle vom 17. November 2023 bis 10. März 2024
Werke aus zwei sich perfekt ergänzenden Privat-
sammlungen der Hansestadt zur Kunst des 19. Horst Janssen, Phyllis Vriederich, 1978, Feder und Aquarell über Bleistift auf Papier
Jahrhunderts. Die Leihgaben kommen einmalig Foto: VG Bild-Kunst Bonn 2023
für den Besuch ins Harzen-Kabinett, um sie einer
breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. nungen, Grafiken und Aquarelle aus mehr als drei finden sich Werke mit Janssens Schlüsselmotiv
Die sonst im Privaten verborgenen, qualitätvol- Jahrzehnten ausgewählt und ordnen sie themati- und Fetisch: dem weiblichen Arm. Viele von Jans-
len Werke lassen die persönlichen Vorlieben der schen Gegensatzpaaren wie Macht und Ohnmacht, sens erotischen oder pornografischen Bildfanta-
Sammler*innen erkennen: Zu sehen sind in ver- Realität und Fiktion, Lust und Schmerz, Abbild sien zeigen Elemente sadomasochistischer Prak-
schiedensten künstlerischen Techniken eindrück- und Deformation zu, um die Breite des Darstel- tiken. Die Verbindung von Erotik mit Gewalt war
liche Landschafts- und Figurenbilder italieni- lungsspektrums und dessen charakteristische damals auch in anderen Kontexten sehr gegenwär-
scher, französischer, deutscher sowie einiger Ambivalenz deutlich zu machen. „Macht und tig: in theoretischen Diskursen von Intellektuellen
englischer Künstler*innen. Die rund 100 Zeich- Ohnmacht spielen in Janssens erotischen Bildfan- und Kreativen sowie in der Lebenswelt des Ham-
nungen, Aquarelle, Pastelle und kleineren Ge- tasien eine große Rolle, erläutert die Kuratorin burger Rotlichtviertels auf St. Pauli, zu dem auch
mälde stammen aus dem späten 18. Jahrhundert Sabine Siebel, „so zeigt Janssen einerseits drasti- Janssen Kontakte hatte.
bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts. sche Formen des Zugriffs auf den Frauenkörper,
andererseits können Frauen in seinen Werken auch Kunstfreiheit und
Hamburger Kunsthalle dominieren. Er inszeniert sie als Verführerinnen sexuelle Revolution der 1960er-Jahre
Glockengießerwall 5 in geradezu bedrohlicher Lüsternheit und Über- Die Kuratorinnen beziehen in der Ausstellung
D-20095 Hamburg legenheit.“ auch den kunst- und kulturhistorischen Kontext
Tel. +49-(0)40-428 131-200 mit ein. Janssens künstlerischer Auftakt in der
info@hamburger-kunsthalle.de Realität und Fiktion erotischen Kunst Ende der 1950er-Jahre fiel in
www.hamburger-kunsthalle.de Privat strebte Janssen, der vaterlos aufwuchs, eine Zeit des Umbruchs und aufgeheizter öffent-
einerseits nach Paarbeziehung und bürgerlicher licher Debatten. Es fanden Prozesse gegen die
Lebensform, andererseits gab es kaum einen ge- Verbreitung „unzüchtiger“ Schriften und die Aus-
sellschaftlichen Anlass, den er nicht durch provo- stellung „unsittlicher“ Kunst statt, die wiederum
kantes Verhalten sprengte. Auch seine Frauenbe- ein starkes Engagement für die Kunstfreiheit her-
ziehungen endeten oft dramatisch. Bis dahin vorriefen. Anfang der 1960er-Jahre fällte das
waren sie jedoch seine Musen und inspirierten Hamburger Landgericht ein wichtiges Grundsat-
seine erotischen Bildfantasien. Den männlichen zurteil, das die Autonomie der Kunst gegenüber
Part besetzen in Janssens Szenerien fast durch- der Zensur stärkte.
gängig bizarre, fantastische Gestalten, die das Hinzu kam die „Sexuelle Revolution“ der
Fiktive des Geschehens betonen: skurrile Gnome, 1960er-Jahre, die sich auch in einer Überfülle
lüsterne Tierwesen und dämonische Mischwesen, erotisch inszenierter Frauenkörper in Zeitschriften,
aber auch maskierte Gestalten, Skelette und phal- in der Werbung und im Kino widerspiegelte. Wei-
lische Fantasiegeschöpfe. terhin ließ Janssen sich auch von der Kunstge-
Edouard Vuillard (1868–1940), Square Berlioz, Place schichte und den „erotischen“ Motiven aus der
Vintimille, Paris, 1915, Pastell, 405 x 510 mm, Pri- Lust und Schmerz antiken Mythologie, der Bibel und Literatur in-
vatbesitz, Hamburg © Foto: Christoph Irrgang
Unter dem Gegensatzpaar Lust und Schmerz spirieren.